Vārāṇasī/Benares. Eine Erörterung der Bedeutung von Ort und Raum

Benares markiert den Ort am Ganges, der im goldenen Zeitalter verharrt. Er ist herausgehoben aus dem ihn umgebenden Kontinuum und beinhaltet zugleich das gesamte Universum. Und weil der Ort "von Śiva niemals verlassen ist", verheißt er Erlösung. Zahlreiche Umgehungen und Pilgerreisen umkreisen ein wechselndes Zentrum am Hochufer, unweit des Ganges oder führen in spiralförmiger Bewegung darauf zu. Solche rituellen Reisen verschaffen dem Pilger Verdienst und wer in Benares stirbt, ist am Ziel, er wird niemals wiedergeboren. Charakteristisch für den Hinduismus ist das Prinzip der Substitution: heilige Orte von Benares werden abgebildet an anderen Orten und in Benares selbst finden sich fast alle anderen heiligen Orte des Subkontinents. Benares strahlt aus und vereinigt zugleich; denn es kann nicht genug sein mit der Anhäufung von heilsspendenden Qualitäten. Auch in Benares selbst sind verschiedene Orte der Stadt wiederum an einem Punkt konzentriert. Dort ersetzt der Akt der Verehrung die Prozession. Und schließlich repräsentiert die Göttin Vārāṇasīdevī den Ort Vārāṇasī/Benares. Dem eingeweihten siddha jedoch, dem Seher, der bereits in diesem Leben von den Fesseln der Existenz befreit ist, ist jedes Ritual fremd: Benares ist in ihm, er vollzieht die Umwandlung des heiligen Ortes in sich selbst.